Burn-out unter Medizinern nimmt zu.
Aber auch in anderen Berufen sind bestimmte Persönlichkeiten gefährdet.
Bei der Ursachensuche rückt nun die Neurobiologie in den Blick.
Die Fortschritte der Medizin bringen es mit sich, dass Ärzte eine rasch zunehmende Zahl chronisch Kranker zu betreuen haben.
Parallel dazu werden Ärzte selbst nicht selten chronisch krank, wie eine Reihe von Untersuchungen belegen. Es ist der als Modekrankheit beschriebene Symptomkomplex Burnout, der den Helfern zunehmend zu schaffen macht, wie es bei einem Symposium anlässlich der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin kürzlich in Wiesbaden hieß.
Das Profil der Anforderung in der Arbeitswelt hat sich geändert, im Medizinbetrieb in besonderer Weise, worauf Ulrich Egle, Psychosomatiker der Celenus-Klinik in Gängenbach nachdrücklich hinwies. Mangelnder persönlicher Einfluss auf den Arbeitsablauf, administrative Zwänge, Verknappung der personellen Ressourcen und nicht selten auch der Mangel an Gratifikation, also Anerkennung der Tätigkeit, machen aus dem Berufsalltag eine Last.
Erhöhtes Risiko bei Ärzten
Eine ausgeprägte Neigung, es anderen Recht machen zu wollen und eigene Bedürfnisse zu unterdrücken, das Gefühl unersetzbar zu sein und übermäßiges Engagement bis zur Selbstüberschätzung sind Risikofaktoren: Egle zitierte den amerikanische Arzt Tait Shanafelt von der Mayo-Clinic in Minnesota, der schrieb, just das, was Ärzte auszeichne, erhöhe das Risiko zur Entwicklung eines Burn-out. Ärzte neigen zum Perfektionismus, arbeiten überdurchschnittlich viel, stellen hohe Selbstanforderungen, glauben im Übermaß Verantwortung übernehmen zu müssen. Viele Mediziner gönnen sich nur selten Auszeiten.
Was von der Umwelt hoch geachtet wird, hat eine dunkle Kehrseite.
Stress gehört zum Leben
Nach Ansicht von Psychosomatikern sind es vier seelische Grundbedürfnisse, die im modernen Arbeitsbetrieb unter Druck geraten. Dazu zählen Orientierung und Kontrolle über die Tätigkeit, der Wunsch nach Teilhabe und sozialen Beziehungen, das Streben nach Anerkennung im Austausch mit anderen und ausreichende Entspannungsmöglichkeiten. Die seien besonders im Medizinbetrieb bedroht.
Doch Stress gehöre zum Leben, meinte Egle. Burn-out entsteht erst dann, wenn Stress nicht bewältigt werden kann. Es handelt sich um ein Problem der Stressbewältigung. Dass Syndrom wird durch eine entsprechende Disposition begünstigt.
Belege im Tierversuch
Gegen den möglichen Einwand, es handele sich bei dieser Beschreibung nur um eine Art literarischer Deutung eines im Erwachsenenalter auftretenden Krankheitssymptoms, verwies Ulrich Egle auf eine Fülle neurobiologischer Studien aus jüngster Zeit, in denen Forscher eine hirnphysiologische Kausalkette offen legen konnten - vom frühkindlichen Trauma bis zum Symptom seelischer Erkrankung im Erwachsenenalter.
Zusammenhang mit der Lebenserwartung
Zudem machten Wissenschaftler die Beobachtung, dass frühkindlichen Stressoren im Erwachsenenalter zu einer rascheren Verkürzung der Länge der Telomeren führen, der Enden von Chromosomen, die die Lebenserwartung mitbestimmen („Physiology and Behaviour“, doi: 10.1016/j.physbeh.2011.11.016). Personen mit ungünstigen frühkindlichen Erfahrungen kommen also mit Belastungen im Erwachsenenalter schlechter zurecht - und leben kürzer.
Freie Tage und Zeit für Austausch
Aus den Erkenntnissen der Psychosomatik und Neurobiologie ergeben sich nach Ansicht von Egle eine Reihe von Schlussfolgerungen für die Arbeitswelt, vornehmlich auch für den Medizinbetrieb. Es geht um eine berufliche Burn-out-Prävention. Bei der Organisation des Betriebes seien Zeiten für Notfälle freizuhalten, gegebenenfalls sei auch ein kategorischer Stopp für die Aufnahme neuer Patienten zu bedenken, freie Tage seien einzuplanen und Zeit für den Austausch mit Kollegen zu berücksichtigen.
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Das Profil der Anforderung in der Arbeitswelt hat sich geändert, im Medizinbetrieb in besonderer Weise, worauf Ulrich Egle, Psychosomatiker der Celenus-Klinik in Gängenbach nachdrücklich hinwies. Mangelnder persönlicher Einfluss auf den Arbeitsablauf, administrative Zwänge, Verknappung der personellen Ressourcen und nicht selten auch der Mangel an Gratifikation, also Anerkennung der Tätigkeit, machen aus dem Berufsalltag eine Last.
Erhöhtes Risiko bei Ärzten
Eine ausgeprägte Neigung, es anderen Recht machen zu wollen und eigene Bedürfnisse zu unterdrücken, das Gefühl unersetzbar zu sein und übermäßiges Engagement bis zur Selbstüberschätzung sind Risikofaktoren: Egle zitierte den amerikanische Arzt Tait Shanafelt von der Mayo-Clinic in Minnesota, der schrieb, just das, was Ärzte auszeichne, erhöhe das Risiko zur Entwicklung eines Burn-out. Ärzte neigen zum Perfektionismus, arbeiten überdurchschnittlich viel, stellen hohe Selbstanforderungen, glauben im Übermaß Verantwortung übernehmen zu müssen. Viele Mediziner gönnen sich nur selten Auszeiten.
Was von der Umwelt hoch geachtet wird, hat eine dunkle Kehrseite.
Die Symptome des Burnouts sind unter Ärzten weitaus häufiger anzutreffen als in der Allgemeinbevölkerung. Jeder zweite Notfallmediziner und Allgemeinarzt ist betroffen („Archives of Internal Medicine“, Bd.172, S.1377).
Die Mehrzahl von Ärzten beklagt den Mangel an zeitlichem Spielraum für Privatleben. In Rheinland-Pfalz fanden Forscher depressive Beschwerden bei jedem vierten Hausarzt („Deutsches Ärzteblatt“, doi: 10.3238/arztebl.2010.0248).
Stress gehört zum Leben
Nach Ansicht von Psychosomatikern sind es vier seelische Grundbedürfnisse, die im modernen Arbeitsbetrieb unter Druck geraten. Dazu zählen Orientierung und Kontrolle über die Tätigkeit, der Wunsch nach Teilhabe und sozialen Beziehungen, das Streben nach Anerkennung im Austausch mit anderen und ausreichende Entspannungsmöglichkeiten. Die seien besonders im Medizinbetrieb bedroht.
Doch Stress gehöre zum Leben, meinte Egle. Burn-out entsteht erst dann, wenn Stress nicht bewältigt werden kann. Es handelt sich um ein Problem der Stressbewältigung. Dass Syndrom wird durch eine entsprechende Disposition begünstigt.
Die Fähigkeit, mit Stress umzugehen, wird bereits im sehr frühen Kindesalter gelernt.
Dazu ist es notwendig, dass feste Bezugspersonen verfügbar sind, die Sicherheit vermitteln, eine stabile Bindung schaffen, Angst vor Gefahren und Neugierverhalten in ein Gleichgewicht setzen helfen. Ein positives Umfeld im Kindesalter ermöglicht es, reife Strategien zur Bewältigung von Konflikten zu entwickeln.
Belege im Tierversuch
Gegen den möglichen Einwand, es handele sich bei dieser Beschreibung nur um eine Art literarischer Deutung eines im Erwachsenenalter auftretenden Krankheitssymptoms, verwies Ulrich Egle auf eine Fülle neurobiologischer Studien aus jüngster Zeit, in denen Forscher eine hirnphysiologische Kausalkette offen legen konnten - vom frühkindlichen Trauma bis zum Symptom seelischer Erkrankung im Erwachsenenalter.
Im Tierversuch exprimieren Rattenjungen eine größere Zahl von Glucocorticoidrezeptoren, der Spiegel an Oxytocin steigt, wenn sie mit ihren Eltern länger kuscheln und eine ausreichende Fellpflege durch die Mütter betrieben wird.
Auch die Hirnforschung am Menschen belegt den Zusammenhang zwischen körperlichem Stress, der Höhe von Cortisolspiegeln, psychischem Stress und Schädigungen an spezifischen Hirnarealen („Neuroimage“, doi: 10.1016/j.neuroimage.2009.05.074).
In klinischen Studien haben Psychiater den Zusammenhang von frühkindlichen Stressfaktoren und gesundheitlichem Risikoverhalten im Erwachsenenalter nachgewiesen.
In klinischen Studien haben Psychiater den Zusammenhang von frühkindlichen Stressfaktoren und gesundheitlichem Risikoverhalten im Erwachsenenalter nachgewiesen.
Stress lässt die Rate von Alkoholmissbrauch, Drogenmissbrauch und Übergewicht und das Risiko der Suizidalität steigen. Studien dieser Art belegen einen psychobiologischen Zusammenhang mit der krankhaften Stressbewältigung. Dabei spielt das Cortisol eine bedeutende Rolle, aber auch die bei Entzündungen wirksamen Zytokine, vegetative Nervenreize und eine Vielzahl von Hormonen.
Zusammenhang mit der Lebenserwartung
Zudem machten Wissenschaftler die Beobachtung, dass frühkindlichen Stressoren im Erwachsenenalter zu einer rascheren Verkürzung der Länge der Telomeren führen, der Enden von Chromosomen, die die Lebenserwartung mitbestimmen („Physiology and Behaviour“, doi: 10.1016/j.physbeh.2011.11.016). Personen mit ungünstigen frühkindlichen Erfahrungen kommen also mit Belastungen im Erwachsenenalter schlechter zurecht - und leben kürzer.
Dies bestätigten Wissenschaftler erst kürzlich bei Personen, die etwa durch die Betreuung dementer Familienangehöriger belastet waren („Psychosomatic Medicine“, doi: 10.1097/ PSY.0b013e31820573b6).
Alle die Befunde unterstützen die Hypothese der modernen Psychosomatik, die einen kausalen Zusammenhang zwischen frühkindlichen Stressfaktoren und späteren seelischen Erkrankungen und der Lebenserwartung erkennt.
Ungünstige Stressbewältigung kann in verschiedenem Gewand in Erscheinung treten. Nicht nur Burnout, auch die Fibromyalgie war einmal eine Modekrankheit. In den neunziger Jahren wurde sie von dem amerikanische Rheumaarzt Frederick Wolfe als körperliches Syndrom beschrieben.
Ungünstige Stressbewältigung kann in verschiedenem Gewand in Erscheinung treten. Nicht nur Burnout, auch die Fibromyalgie war einmal eine Modekrankheit. In den neunziger Jahren wurde sie von dem amerikanische Rheumaarzt Frederick Wolfe als körperliches Syndrom beschrieben.
Noch heute wird sie gerne als körperliche Erkrankung von Ärzten gedeutet, wenn sie nicht mehr weiter wissen. Wolfe nannte typische Schmerzen bei Druck auf Spannungspunkte am Rumpf, die für die Diagnose wegweisend seien. Es wurde eine besondere Form des Weichteilrheumatismus unterstellt. Mittlerweile hat Wolfe seine Einschätzung wieder zurückgenommen, wie Egle berichtete. Wolfe musste eingestehen, er habe die psychosozialen Stressfaktoren des Syndroms unterschätzt. Fibromyalgie sei eine psychosoziale Krankheit, kein körperliches Syndrom. Wichtig ist aber die Erkenntnis, die körperlichen Symptome in entsprechender Weise zu deuten.
Freie Tage und Zeit für Austausch
Aus den Erkenntnissen der Psychosomatik und Neurobiologie ergeben sich nach Ansicht von Egle eine Reihe von Schlussfolgerungen für die Arbeitswelt, vornehmlich auch für den Medizinbetrieb. Es geht um eine berufliche Burn-out-Prävention. Bei der Organisation des Betriebes seien Zeiten für Notfälle freizuhalten, gegebenenfalls sei auch ein kategorischer Stopp für die Aufnahme neuer Patienten zu bedenken, freie Tage seien einzuplanen und Zeit für den Austausch mit Kollegen zu berücksichtigen.
Auch könne ein Training zur Verbesserung kommunikativer Fähigkeiten helfen.
In Wiesbaden wies die Nachfrage einer ärztlichen Kollegin auf einen weiteren gesellschaftlichen Zusammenhang hin. Wenn Ärztinnen berufstätig sein wollen, müssen sie ihren Nachwuchs in frühestem Alter in andere Hände geben. Nicht nur, dass es zu wenig Kindertagesstätten gibt, sie sind zudem noch schlecht ausgestattet.
In Wiesbaden wies die Nachfrage einer ärztlichen Kollegin auf einen weiteren gesellschaftlichen Zusammenhang hin. Wenn Ärztinnen berufstätig sein wollen, müssen sie ihren Nachwuchs in frühestem Alter in andere Hände geben. Nicht nur, dass es zu wenig Kindertagesstätten gibt, sie sind zudem noch schlecht ausgestattet.
Eine Bezugsperson für etwa zehn Säuglinge und Kleinkinder sei zu wenig, beklagte Egle.
Es gelte jetzt, Geld in die Hand zu nehmen. Andernfalls werde man in dreißig Jahren das Resultat sehen. Dann werde es weit teurer.
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Massenphänomen Burnout: Erschöpft, ausgebrannt, arbeitsmüde
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